Worst case scenario ... und viel gelernt.



Diese Woche ist wild, von Anfang bis Ende. Montag und Dienstag musste ich lange arbeiten, was so nicht vorgesehen war, deswegen auch nicht als Arbeitszeit zählt und so nicht kompensiert wird. Sehr lustig. Am Mittwoch, also gestern, musste ich nur morgens arbeiten und bin nachmittags mit Adina nach Valletta gefahren. Im 23 Grad-Novembersonnenschein haben wir Amorineis gegessen (Ja, werdet ruhig alle neidisch.) und geshoppt. So ein paar Stunden "Auszeit" können mir immer neue Kraft für den Rest der Woche geben und ich freue mich sehr drauf. 

Heute Morgen war ich (vollkommen übermüdet und mit dem Kopf ganz wo anders) für das Recycling-Training der "Schulklassen" verantwortlich. Problem Nummer eins: Zweijährige wollen nichts über Recycling lernen. Nichts! Problem Nummer zwei: Jemand hat unseren Müll fürs Recyclingspiel weggeschmissen. Tja, so kann's laufen. Glücklicherweise hat mich mein Improvisationstalent mal wieder gerettet. 

Nach einer viel zu kurzen Mittagspause und drei weiteren Tassen Kaffee bin ich nach Bulebel zum STEP-Programm (Eins-zu-eins Gruppenbetreuung von und für Kinder mit Autismus) gefahren. Dort gibt's seit dieser Woche einige Veränderungen, sodass wir erstmal nur zum Observieren da sein sollten und das ganze drei Stunden lang. Sehr lustig! (Nicht.) 

Ich gebe zu, dass ich bei STEP regelmäßig überfordert bin. Es gibt absolut keine Möglichkeit abzuschätzen, was mich während des Programms erwartet. Jedes Kind mit Autismus ist unterschiedlich und der tatsächliche Therapiefaktor ist tages- und launenabhängig. Was macht man mit einem non-verbalen Kind, das sich schreiend auf dem Boden wälzt, wenn man es noch nicht mal berühren kann, da es dadurch nur noch weiter stimuliert wird? Eben. Es beruhigt mich aber zu wissen, dass es nicht nur mir so geht.

Mein Klient J heute war das worst case scenario. J ist noch jung, aber groß und stark für sein Alter. Seine heutige Tutorin S, eine Frau, die genauso groß aber nur halb so breit ist wie ich, war zum ersten Mal mit ihm zusammen. J hat sich komplett geweigert, die Gruppenaktivitäten mitzumachen oder auch nur auf die geringste Art und Weise mit anderen zu interagieren. Von Anfang an hat er geschrien und eine Stunde lang nicht aufgehört. In solchen Situationen wird mit visuals gearbeitet, kleine Bilder, mit denen Tutor_innen und Klient_innen kommunizieren können, wenn dies sprachlich nicht möglich ist. Doch nicht einmal das zeigte Wirkung. J schrie und rann und schlug und trat und warf alles in Reichweite, er war absolut nicht zu beruhigen. Das war kein Wutausbruch, sondern ist ein bei Autist_innen bekanntes Verhalten, ein sogenannter "Meltdown", welcher durch Reizüberflutung und dadurch Überforderung ausgelöst wird.. Letzter Ausweg: Quiet Room. Dieser ist dunkel und gemütlich und hat dadurch (theoretisch) eine beruhigende Wirkung auf die Kinder. Leider nicht auf J. Seine Protestidee war weiterhin schreiend mit heruntergelassener Unterhose durch den Quiet Room zu laufen. Der Höhepunkt war erreicht, als er anfing, in den Raum zu pinkeln. (Klingt absolut lustiger, als es war. Ehrlich.) Die Tutorin hat sich Unterstützung von einen Arbeitskollegen geholt, der J zum Glück so lange übernahm, beruhigte und mit ihm spielte, bis sich seine Kollegin von ihrem kleinen Überforderungszusammenbruch erholte. Sagen wir es so: Alle waren froh, als J endlich abgeholt wurde. 

Natürlich wusste ich auch nicht, was ich während der Session tun konnte oder sollte. Trotzdem war es hochinteressant, Js Verhalten zu beobachten, was er mag, was nicht, wie er auf verschiedene Reize reagiert. Ich habe wirklich enorm viel gelernt. Als Klienten will ich ihn trotzdem nie nie wieder haben. 

Hinterher habe ich mit dem STEP-Manager gesprochen, da wir unter den Freiwilligen immer wieder gemerkt haben, dass wir viel zu wenig Wissen zum Themenbereich Autismus haben, um die Klient_innen erfolgreich betreuen zu können. Die gute Nachricht: Durch die Änderungen im Programm bekommen wir in den nächsten Wochen Training, mehr Infos über die Klient_innen und vor allem genaue Anweisungen, was in welcher Situation angebracht ist und was nicht. Klar ist das längst überfällig, aber besser spät, als nie. 

Die zweite Session lief dafür umso besser: Spielen, basteln, knuddeln und die Jungs beim Streiten beobachten. Wir fangen jetzt schon mit den Weihnachtsvorbereitungen an, was sich bei diesem warmen Wetter nicht nur komisch, sondern komplett falsch anfühlt. Kein Wunder, dass die Kleinen irritiert sind, wenn sie gefragt werden, ob Schnee warm oder kalt ist. Eine Aktivität während der Session war "kompjuter" und wir haben mal wieder YouTube-Videos gesehen. Als eins der Highlights der Session heute will ich euch mein Lieblingsvideo nicht vorenhalten: 


Merry Christmas.


1 Kommentare:

  1. Und wie sieht's mit deiner persönlichen Weihnachtsdeko aus? Die Leute wollen Fotos!
    Ist aus dem Paket noch was übrig oder schon alles weg gefressen? Es sollte ja mindestens bis heute halten ;) Fröhlichen Namenstag, Schwesterlein <3

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Ejja!

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Über die Autorin

Katharina, ihres Zeichens 19 Jahre jung, verbringt ein EFD-Auslandsjahr als Freiwillige bei der Inspire Foundation in Marsascala, Malta und hat manchmal das Bedürfnis, über ihre Erlebnisse zu berichten.