Zweieinhalb Monate sind nun seit meinem Abschied aus Malta vergangen. Zehn Wochen voller aufregender Neuigkeiten, neuer Freunde, neuem Job, neuer Wohnung, Zittern und Bangen, dem ein oder anderen Wutausbruch und Schlafmangel. Trotz meines neu aufgenommenen Lebens im Jetset blieb mir immer noch genug Zeit, elf Monate auf einer kleinen Mittelmeerinsel zu reflektieren, mich an so manches Erlebnis zu erinnern, Menschen zu vermissen und nicht mehr gelangweilt und einsam mittwochabends mit Rotwein in meinem Zimmer zu sitzen und mir das Champions League Public Viewing in irischen Pubs zurückzuwünschen. Ja, es hat eine ganze Weile gedauert, aber ich glaube, ich bin jetzt drüber weg und kann anstatt mit Heimweh und Sehnsucht mit Freude auf die Bilder und Nachrichten aus Malta sehen.
Rückblickend vergingen meine letzten Tage in Malta wie im Flug. Ich habe die Zeit nochmal ausgenutzt und bin mit Yliana und Alby zu Watermät ins Café del Mar gegangen, was für meinen letzten regulären Sonntag dort sehr passend war. An die Arbeitswoche kann ich mich kaum noch erinnern, außer, dass ich mit vielen noch ausführlich über meine Zukunftspläne gesprochen habe. Am Montag vor meinem Abflug hatten wir noch das obligatorische Abschiedsessen in der Kantine mit den Koordinatorinnen und einigen Freiwilligen. Meine Abschiedsfeier hat in der Wohnung und im Family Park stattgefunden und hätte kaum besser laufen können. Noch schöner war nur mein letzter Abend, den wir als engste Gruppe im Lemon 'n' Lime verbracht haben. Das Gefühl, sich selbst nun verabschieden zu müssen und trotz aller "Ich bin mir sicher, dass wir uns wiedersehen werden!" und "Wir bleiben ganz bestimmt in Kontakt." einen Knoten im Bauch zu haben, war unwirklich und ist leider den ganzen Abend über geblieben. Es war ein emotionaler Abschied, auch wegen meinem Farewell Book, dass bis dato das beste ist, was ich gesehen hatte. Am nächsten Tag konnte ich mich durch den angesetzten Staff Development Day direkt vor dem Rückflug noch von wirklich allen verabschieden und ich bin immer noch dankbar für diese letzten Momente. Lange genug bin ich stark geblieben, aber die Emotionen kamen ein letztes Mal hoch, als der Flieger Richtung Berlin startete. In einem Flugzeug in Tränen auszubrechen ist nicht unbedingt eine Erfahrung, die ich wiederholen möchte.
Dann kam der schwierigste Teil der Reise, über den niemand spricht. Nachdem die Welt entdeckt, neue Dinge ausprobiert, neue Lieben gefunden, unglaubliche Orte gesehen und andere Kulturen kennengelernt wurden - ist plötzlich alles wieder vorbei. Alle reden vom Weggehen, aber was ist mit der Heimkehr? Es gibt das große Wiedersehen, Treffen mit Freunden und Familie, die ein oder andere (Geburtstags-)Feier, man bringt sich auf den neuesten Stand, man erzählt Geschichten ... aber nach zwei Wochen ist auch diese Aufregung vorbei. Und die Fragen beginnen. Was ist denn mit dem Studium? Hast du dich schon gekümmert? Hast du einen Plan? Weißt du denn, wo du in zehn Jahren sein willst? Bist du in einer Beziehung? Das Traurige ist, dass man nach all den obligatorischen Besuchen nach einem Jahr im Ausland in seinem Kinderzimmer sitzt, emotionale Country-Lieder hört und bemerkt, dass sich doch nichts geändert hat. Ich war froh, dass der Großteil meiner Lieben glücklich und gesund ist, und natürlich, neue Jobs und Beziehungen und Erfahrungen sind immer aufregend - aber Teile von mir wollten "Seht ihr nicht, wie sehr ich mich verändert habe?" herausschreien. Nicht das Offensichtliche, die Haare, der Kleidungsstil, das Gewicht, sondern alle meine neuen Träume, Ambitionen, wie ich Menschen nun anders sehe, welche Angewohnheiten ich glücklicherweise nun nicht mehr habe, die neuen Dinge, die mir nun wichtig sind. Ich wollte das mit allen teilen und ausdiskutieren, aber es gibt keine Beschreibung dafür, wie sich der Geist auf Reisen weiterentwickelt. Wut. Trauer. Momente, in denen ich glaubte, dass mein Sabbatical die Erfahrungen nicht wert war, aber andererseits sind sie die wichtigsten in meinem bisherigen Leben. Diese Fremdsprache der Reisenden, von der ich dachte, dass nur ich sie sprechen würde, und die das allgemein bekannte Reisefieber in mir ausgelöst hat. Nur weg von all den Menschen, die nicht verstehen, wie es ist zu gehen, sich zu verändern, zu wachsen, zu lernen.
Wochen später kann ich nur mit dem Kopf schütteln, wie arrogant meine Einstellung nach meiner Heimkehr doch war. Natürlich versteht niemand, was ich (durch)gemacht habe, aber so geht es nicht nur mir, sondern all den anderen auch. Kein Auslandsjahr gleicht dem anderen und wie unglaublich idiotisch ist es denn bitte, seine Stirn spöttisch zu runzeln, weil selbstverständlich niemand so eine gute Zeit hatte wie ich? Glücklicherweise hat sich auch diese Arroganz wieder gelegt. Natürlich hole ich gerne noch die ein oder andere Anekdote aus Malta heraus, aber das meiste möchte ich doch zwischen mir und den wunderbaren Menschen, mit denen ich es erlebt habe, halten. Ich habe verstanden, dass auch die interessanteste oder lustigste Geschichte in der Retrospektive langweilig erscheint, wenn die oder der Gegenüber die Erinnerung nicht teilen kann. Aber auch das ist nun vollkommen in Ordnung. Aus Ermangelung besserer Worte lasse ich am Ende meines Auslandsjahrblogs eine von mir sehr verehrte und weise Person zu Wort kommen, die meine Stimmung auch nach all den Jahren besser lyrisch verfassen kann, als alle anderen zusammen:
"Just because you're clean don't mean you don't miss it."
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